Jarré, Maurice

 

geboren 13. September 1924 in Lyon; gestorben 29. März 2009 in Los Angeles, Kalifornien

 

Jarré schrieb für eine große Zahl von Filmen die Musik, darunter für Jesus von Nazareth, Rivalen unter roter Sonne, Shogun, Gorillas im Nebel und Club der toten Dichter. Seine Filmmusiken wurden mehrfach für einen Oscar nominiert, den er auch drei Mal gewann: Für Lawrence von Arabien (1963), Doktor Schiwago (1966), und Reise nach Indien (1984); bei allen drei Filmen führte David Lean Regie. 2009 erhielt er den Goldenen Ehrenbären bei den Berlinale Filmfestspielen in Berlin.

 

Jarré war der Vater des Komponisten Jean Michel Jarré, der für seine elektronische Musik bekannt ist. Allerdings ließ er sich nur wenige Jahre nach der Geburt des Kindes von seiner Frau scheiden und hatte nur sehr wenig Kontakt zur Familie. Eine musikalische Zusammenarbeit mit seinem Sohn lehnte er bis zu seinem Tod ab. Mit der Benennung des Asteroiden (4422) Jarré wurden jedoch beide gemeinsam geehrt.

 

Jarré war viermal verheiratet, dreimal geschieden. Er hatte zwei Söhne und eine Tochter. Jarré starb an Krebs.

Jary, Michael

 

Geboren 24. September 1906 wurde in Laurahütte/Siemianowice (Oberschlesien) das älteste Kind von Anna und Hugo Jarczyk geboren. Die Schneiderin und der Werkmeister bekamen noch zwei weitere Söhne und eine Tochter. Der Erstgeborene wurde auf die Namen Max Michael getauft und streng katholisch erzogen; er sollte Priester werden. Im Alter von zehn Jahren kam er deshalb als Zögling zu den Steyler Missionaren. Doch im Kloster Heiligkreuz bei Neiße wurde der Junge nicht nur auf eine Zukunft als Missionar vorbereitet -- ihm begegnete die Liebe zur Musik, Marienlieder und gregorianische Choräle wurden seine Leidenschaft. Als er 18 wurde, zwang ihn sein Abt zur Entscheidung - und Max verließ die Bruderschaft, weil er lieber Musik machen als Priester werden wollte.

 

Max Jarczyk machte am deutschen Gymnasium in Beuthen Abitur und besuchte anschließend das Konservatorium in Kattowitz. Nebenbei leitete der junge Mann einen Bergarbeiterchor. Schließlich bekam er Engagements als Zweiter Kapellmeister an den Bühnen in Neiße und Plauen. Doch ihn zog es in die große, weite Welt hinaus -- nach Berlin. Er durchlief das Auswahlverfahren und wurde Student in der elitären Kompositionsklasse der Musikhochschule. Lehrer wie Franz Schreker, Paul Hindemith, Arnold Schönberg und Igor Strawinsky prägten seinen Stil, machten ihn zum "Zwölftöner". Sein Abschlusskonzert am 8. Februar 1933 endete jedoch in einer persönlichen Katastrophe: Der junge Komponist wurde von Mitgliedern des "Kampfbundes für deutsche Kultur" ausgebuht und als "polnischer Jude" diffamiert. Danach musste er einen neuen Weg einschlagen.

 

Um als Student Geld zu verdienen, hatte Jarczyk im Stummfilmkino Klavier gespielt und später Arrangements für Swing-Orchester geschrieben. Als mittelloser ehemaliger Verfechter der Ernsten Muse schrieb er zunächst Chansons für Hilde Hildebrand, wurde dann Bearbeiter bei den Filmkomponisten Franz Doelle und Leo Leux und arrangierte die Musik im Spielfilm "Amphythrion". 1936 wurde die Filmindustrie dann auf den begabten Komponisten aufmerksam, er bekam einen ersten Vertrag und änderte auf Anraten eines Freundes seinen Namen: Aus JARCZYK wurden die störenden Konsonanten gestrichen, der zweite Vorname wurde an die erste Stelle gerückt und geboren war MICHAEL JARY.

 

Rasch wurde Michael Jary zu einem Geheimtip in der Filmbranche: Er galt als Meister der symphonischen Untermalungsmusik und nach gewissen Anfangsschwierigkeiten wurden auch Schlager sein Metier. 1938 landete er mit Rosita Serrano als Interpretin seinen ersten großen Hit: "Roter Mohn", ein Jahr später folgte "Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern". Für die Texte zeichnete sein Freund und Nachbar Bruno Balz verantwortlich. Das Duo schrieb auch die Schlager für den erfolgreichsten Ufa-Film mit Zarah Leander ("Die große Liebe") und mit "Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh´n" den wohl bis heute meistgespielten deutschen Filmschlager. Zwischen 1939 und 1945 arbeitete Jary an 27 Filmen, einer der schönsten davon ist der große Revuefilm "Karneval der Liebe" mit Johannes Heesters, der vom "Karussell" sang und "Durch dich wird diese Welt erst schön". Nebenbei leitete Jary ein Kammertanzorchester, eine reine Studiokapelle, die heißen (verbotenen) Swing spielte. Übrigens: Jary komponierte niemals am Flügel, er arbeitete grundsätzlich am Schreibtisch.

 

Das Kriegsende bedeutete für Jary nicht das Ende seiner Karriere. Da er von den Alliierten niemals verboten wurde, konnte er sofort weiterarbeiten: Zunächst unter den Sowjets, später für die Franzosen und dann in den amerikanischen und britischen Sektoren. 1948 zog er nach Hamburg, um für die gerade gegründete "Real-Film" zu arbeiten und in einer ungeahnten Weise durchzustarten: Mit Revuefilmen wie "Die Dritte von rechts", "Tanzende Sterne" oder "Die Beine der Dolores" wurde er zum Schlagerkönig und GEMA-Millionär. Für seine Autos, Frauen und Freunde gab er zwar mehr Geld aus, als er einnahm, aber seinem positiven Gemüt tat dies keinen Abbruch. Doch die Musikwelt veränderte sich: Ende der 50er Jahre gab die Industrie plötzlich den Ton an und diesem Diktat wollte Jary sich nicht unterwerfen. So entstand 1960 sein letzter Evergreen: "Wir wollen niemals auseinandergeh´n".

 

Jarys Privatleben war der Presse stets eine Klatschgeschichte wert: Seine Frauengeschichten sind Legende, seine Beziehung zu Zarah Leander etwa oder die fanatische Liebe von Evelyn Künneke. Seine erste Ehe basierte mehr auf Freundschaft, seine zweite Heirat war das Happy-End der großen Liebe: 1953 lernte er das Mannequin Christiana Michaelis kennen und drei Jahre später wurde Tochter Micaela (sein einziges Kind) geboren (später war Enkelin Jessica sein großes Glück); nun hatte Jary neben all dem Erfolg endlich auch ein harmonisches Familienleben. Dieses gab dem Kettenraucher die Kraft, Schicksalsschläge und gesundheitliche Schwierigkeiten -- so auch drei Herzinfarkte -- zu überstehen. 1963 zogen Jarys ins Tessin, wo sich der Komponist wieder mehr der Ernsten Muse zuwandte und an symphonischen Werken arbeitete. Als er einmal zurück blickte, sagte er: "Alle Weltsprachen benutzen das Wort spielen, wenn von Musik die Rede ist. Ich habe in meinem Leben immer das getan, was mir Spaß gemacht hat -- gespielt habe ich!"

 

Michael Jary starb am 12. Juli 1988 in München. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Ohlsdorf in Hamburg.

Jöde, Fritz

 

geboren 2. August 1887 in Hamburg; gestorben 19. Oktober 1970.

Jöde war der Sohn eines Schuhmachermeisters. Nach dem Studium wirkte Jöde zunächst als Pädagoge an einer Volksschule in Hamburg und schloss sich 1916 der Jugendbewegung an. Zunächst war er ein musikalischer Autodidakt. Aufgrund seiner Leistungen im Bereich der Volksmusikpflege wurde er vom Schuldienst für ein musikwissenschaftliches Studium freigestellt. In den Jahren 1920 und 1921 studierte Jöde in Leipzig, vorwiegend bei Hermann Abert.

 

Im Anschluss daran ging Jöde 1923 als Dozent an die Staatliche Akademie für Kirchen- und Schulmusik nach Berlin. Dort gründete er noch im selben Jahr die erste staatliche Jugendmusikschule. 1926 initiierte Jöde auch sogenannte Offene Singstunden. Ab 1930 übertrug man ihm die Leitung des Seminars für Volks- und Jugendmusikpflege an der Akademie, der er immer noch verbunden war.

 

Nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten 1933 wurde er „bis auf weiteres“ beurlaubt. Aufgrund eines Disziplinarverfahrens im Oktober 1936 wurde er mit Wirkung zum 26. Februar 1937 aller Ämter enthoben; auch wurden einige seiner Schriften verboten. 1937 wurde er jedoch Leiter des Jugendfunks München und 1938 Leiter der dortigen HJ-Spielschar. Von 1939 bis 1945 wirkte er als Lehrer am Mozarteum in Salzburg. Von 1940 bis 1944 war er auch Herausgeber der Zeitschrift für Spielmusik.

 

Jöde, der seit 1941 in Bad Reichenhall wohnte, wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 zunächst Leiter des dortigen evangelischen Kirchenchores. Von 1947 bis 1952 war er Leiter des Amtes für Jugend- und Schulmusik in Hamburg. Von 1951 bis 1953 leitete er, ebenfalls in Hamburg, das Fach Musikpädagogik an der Musikhochschule. Anschließend ging er nach Trossingen, um dort das Internationale Institut für Jugend- und Volksmusik zu leiten.

 

Im Alter von 83 Jahren starb Jöde am 19. Oktober 1970 in Hamburg.

 

Jödes pädagogische Grundsätze waren aus der Jugendmusikbewegung erwachsen. Sein Ziel hieß: „Eine singende Jugend“ und „Ein singendes Volk“ schaffen. Das (Schul)Kind sollte auch außerhalb der Schule betreut werden. Offene Singstunden auf Märkten und Plätzen der Großstädte sollten gemeinschaftsbildend sowohl Schlager und Jazz bekämpfen als auch gegen die "bürgerliche Kunstheuchelei" in Opern- und Konzertsälen protestieren. Jödes Hauptgrundsatz hieß: „Selbst Musizieren ist besser als Musik hören.“ Ihm ging es also in der Hauptsache um eine Aktivierung der Jugend.

Joplin, Scott

 

geboren zwischen Juni 1867 und Januar 1868 bei Linden, Texas gestorben 1. April 1917 in New York City, New York

 

Scott Joplin, geboren als Sohn eines ehemaligen Sklaven, war einer der ersten erfolgreichen Rag-Komponisten. Ihm wurde die Anerkennung seiner Zeitgenossen zuteil und er hatte einen sich immerhin teilweise auszahlenden Verkaufserfolg von Notenblättern seiner Stücke. Jedoch wurden nicht unerhebliche Teile seines Schaffens, darunter auch komplexe Werke wie ein Musical, eine Oper und eine Symphonie, nie veröffentlicht und sind bis heute verschollen. Durch einen Unglücksfall (es wurde ihm eine gefüllte Geldkassette gestohlen), brach sein sich entwickelnder Erfolg ab. Er veröffentlichte weiterhin und konnte nach einigen Jahren wieder passabel leben. Scott Joplin war insgesamt dreimal verheiratet. Seine erste Ehe mit Belle wurde geschieden, seine zweite Frau Freddie verstarb nur 20-jährig an den Folgen einer Lungenentzündung, seine dritte Frau war Lottie. Er selbst verstarb 1917 an den Folgen tertiärer Syphilis. Nach dem Tode Joplins verdrängte der Jazz den Ragtime für einige Jahrzehnte aus dem Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit. Knapp 60 Jahre nach seinem Tod genossen Joplin und sein Werk wieder weite Anerkennung.

 

Insbesondere durch den siebenfach mit dem Oscar ausgezeichneten Spielfilm Der Clou (1973) mit Robert Redford, für dessen Filmmusik aus dem Werk Scott Joplins geschöpft wurde, gewann der Ragtime wieder an Beliebtheit. Während die Interpretation seiner Rags durch John Arpin als besonders authentisch angesehen wird, ermöglichte die Einspielung von 1974 durch den Pianisten Joshua Rifkin einen neuen Blick auf diese Musik.

 

Von Joplins zahlreichen Rags sind der Maple Leaf Rag und The Entertainer die bekanntesten. Von seinen Bühnenwerke ist nur die Oper Treemonisha (1911; neu instrumentiert durch Gunther Schuller) erhalten. Das zu Ehren Theodore Roosevelts komponierte „A Guest of Honor“ ist verloren.

 

Gemeinsam mit James Scott und Joseph Lamb gehört Joplin zu den „Big Three“ des klassischen auskomponierten Ragtime. Seine Kompositionen sind durchgehend pianistisch anspruchsvoll, daher gibt es zahlreiche vereinfachte Ausgaben. Joplin bestand stets darauf, dass seine Stücke „nicht schnell“ zu spielen seien; häufig wird „Slow March Time“ gefordert: „It's never right to play Ragtime fast“. Damit widersprach er der rasanten Spielpraxis einiger seiner Zeitgenossen, die anhand von einfacher strukturierten Rags eher Schnelligkeit als Musikalität zur Geltung brachten.

 

Es existiert eine von Joplin selbst eingespielte Aufnahme von Pleasant Moments für die Metro-Art-Serie der Aeolian Company auf Klavierrolle. Sie vermittelt einen Eindruck der Spielgewohnheiten seiner Zeit.