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Orchester Portrait

Hamburger Mandolinen-Orchester

von 1928 e.V. bis 2019

Wie entstand eigentlich unser Verein?

 

„Aus meiner Sicht gesehen“

von Herta Seiffert

 

Nach dem 1. Weltkrieg hatten wir eigentlich alle das Verlangen, irgend etwas zu unternehmen, ohne jedoch einem Verein anzugehören oder gar zu gründen. So fanden sich alle, die Lust am Wandern, Spielen, Singen etc . hatten, in losen Gruppen zusammen, und es entstand die

 

I. ETAPPE

Wir Barmbeker waren damals eine große Gruppe Mädchen und Jungen, die sich zwanglos zusammenfanden, gemeinsam wanderten, sangen und spielten

damals Waldzither, Mandoline und auch Geige. Wir gingen jeden Sonntag auf Fahrt, und einmal in der Woche kamen wir in einem Lokal zusammen und machten uns fröhliche Stunden. Wir waren ja alle so jung, aber wir hatten einen Gemeinschafts-und Kameradschaftsgeist.

 

Das war ganz toll. Unsere Fahrten gingen immer nach dem Großensee, in die Harburger Berge, ins Klövensteen-Gehege etc., also rund um Hamburg.

Einmal fuhren wir zusammen nach Bad Segeberg, und da begann unsere

 

II. ETAPPE

Hier lernten wir die Borgfelder Gruppe, genannt die „Bösen Buben“, kennen. Für uns Mädchen war dies eine tolle Sache, und wir haben uns auch gleich stark mit ihnen angefreundet und uns zu einem Besuch nach Borgfelde eingeladen. Unsere Jungen waren natürlich sehr ärgerlich und sauer auf uns. Das nächste Treffen sollte in Borgende sein, und wir Mädchen forderten dann unsere Jungen dazu auf, als unsere "Beschützer" mitzugehen (siehe Adam und Eva) -und es klappte wunderbar. Wir hatten so jeder eine große Gruppe kennengelernt, die dasselbe machte wie wir. Hier lernten wir auch Knigger und Zachi kennen. Wir haben dann zusammen viele, viele sorgenlose und schöne Jahre verlebt. Auch nach Warwisch sind wir als junge Leute oft gefahren, aber da ahnten wir noch nicht, dass wir später mehr mit Warwisch und dem AWV zu tun haben würden. Oft fuhren wir auch alle zusammen nach Harburg, Lüneburger Heide, wo wir auch lange Jahre bei Tanzen, Singen und Volksmusik verbrachten.

 

Dann kamen die Laien, die kaum oder wenig musikalische Ausbildung hatten. Auf einer Fahrt nach Wahlburg lernten dann unsere Jungen den Mandolinenspieler Hans Schmidt kennen (er war ein hervorragender Spieler), und er ermunterte dabei unsere Spieler, einmal in das Lokal „Hackmesser“ in der Stückenstraße zu kommen. Er sagte, dass es dort auch einige Spieler gäbe, die gerne in unserer Gruppe mitspielen würden, uns so vergrößerte sich unser Kreis wieder einmal.

 

Dann kam die

III. ETAPPE

Inzwischen war 1928 auch die Mandolinengruppe des Arbeiter-Wassersport Vereins von 1909 ins Leben gerufen, und sie wurde von dem Dirigenten Ernst Sennholt geleitet. Knigger und Zachi, die in dieser Gruppe schon mitspielten, machten Ernst S. darauf aufmerksam, dass in Barmbek noch eine größere Musikgruppe vorhanden sei und diese gut zu der A.W.V.-Gruppe passen würde.

Das Jahr 1935 brachte dann den großen Durchbruch! Ernst Sennholt machte „ernst“ , kam mit seinem Stab in das Lokal „Hackemesser“ und unterzog unsere Musiker einer Prüfung (Vorspielen etc.) und siehe da – wir hatten es geschafft und waren von da ab Mitglied in der Musikgruppe des AWV. Das war am 15. Oktober 1935, und wir freuten uns alle sehr. Wir haben alle sehr gut zusammen gearbeitet, gespielt, gesungen, getanzt und auch gefeiert.

Unser Verein hatte immer einen großen Anhang, weil unser „Betriebsklima“ - wie man so sagt - außerordentlich gut war. Viele liebe und gute Freundschaften hatten sich angebahnt. Aber einen Nachteil gab es doch: Spielerinnen wurden im Verein nicht aufgenommen; mein Gitarrenspiel war damit "erledigt". Später, als schon mal in Ausnahmefällen Spielerinnen aufgenommen wurden, habe ich dann den Anschluss verpasst da war ich schon sehr stark bei den Vereinsarbeiten engagiert.

 

 

 

 

 

 

 

 

Dann kam die

IV. ETAPPE – HITLERZEIT UND DER KRIEG

Inzwischen war Richard Zimmermann Vorsitzender geworden, und nachdem Ernst Sennholt nach 1938 dem Verein einfach davongelaufen war, wurde Herbert Balzer musikalischer Leiter. Alle Arbeitervereine wurden verboten, und wir nannten uns nun Mandolinen-Orchester des allgemeinen Wassersport-Vereins. Ja, es war eine hässliche und traurige Zeit. Viele unserer Spieler wurden schon bald zum Krieg einberufen. So auch Herbert.

Auch Richard Zimmermann hatte während der Kriegszeit seinen Posten aufgegeben und sein Vertreter wurde bis Ende des Krieges Walter Lüneburg.

 

Dann kam die Ausbombung ! Wenn man daran zurückdenkt, dann wundert man sich, dass man das alles ertragen konnte. Unsere Noten flogen wohl geordnet in den Himmel, Instrumente, Saiten - alles, alles weg. Aber wir hatten eine Verpflichtung unseren Verein nicht untergehen zu lassen. Unsere Spieler Sonny (Gerhard Gutgesell) und Helmut Wittenburg schrieben jeden Silvester einen Brief an uns, der für alle gedacht war: wir sollten auch im Krieg zusammenhalten, damit sie – falls sie wiederkämen einen Platz im Verein einnehmen könnten.

Die „Hinterbliebenen“ waren:

Robert, Herta, Elli Kähler, Hans Scheele, Louis Neustadt, Richard Zimmermann, Walter Lüneburg, Ale Hackemesser (die beiden Letzteren wurden erst Ende 1944 eingezogen). Walter Lüneburg ist erst 1948 aus der Gefangenschaft gekommen, Ale Hackemesser flüchtete aus polnischer Gefangenschaft, hat aber dann 1950 Selbstmord begangen.

 

Es war gar nicht einfach, alles wieder aufzubauen. Robert und ich haben uns sehr, sehr viel Mühe gemacht, aber es hat sich gelohnt.

 

Alle Kulturarbeit war nach dem Krieg von den Engländern untersagt, aber dann kam eine Anfrage der Kulturbehörde Hamburg (die damals unter der Aufsicht der Engländer stand), ob wir Interesse hätten, unseren Verein wieder aufleben zu lassen. Wir waren uns einig: JA; und da wir an sich keine Bindungen mehr an den A.W.V. hatten, suchten wir einen anderen Namen und gründeten dann 1947 neu unser Orchester unter dem Namen „Hamburger Mandolinen-Orchester“. Den Zusatz von 1928 mussten wir aus folgenden Gründen annehmen:

 

Als ich mir den Erlaubnisschein von der Kulturbehörde holen wollte, wurde mir gesagt, dass es schon ein Hamburger Mandolinen-Orchester gäbe und 2 Orchester mit dem gleichen Namen dürfe es nicht geben. Was nun? Ich hatte guten Kontakt zu dem damals maßgebenden Mitarbeiter der Kulturbehörde, Herrn Bosse, und ich ließ mir von ihm die Daten der Anträge der beiden Vereine zeugen. Es stellte sich heraus, dass unser Antrag der 1. war und als 2. erst der Antrag von "Frisch voran" eingegangen war.

 

V. ETAPPE

Nun war alles geregelt, und der Anfang konnte gemacht werden. Es war das Jahr 1947. Unser Vorsitzender wurde wieder Richard Zimmermann, Kassierer Robert Seiffert, Schriftführerin Herta Seiffert.

 

Allmählich, ganz allmählich kamen wir wieder in Gang; denn Saiten, Instrumente und vor allem Noten gab es nach dem Krieg noch nicht. Es war eine schwere Zeit des Wiederbeginns, aber wir haben es ja geschafft, und wir konnten sogar im Jahre 1947 unser erstes Konzert nach dem Krieg geben. Nun kommt die letzte, die

VI. ETAPPE

Wir sind wieder ein großer, spielfähiger Verein geworden, in dem auch Frauen gern gesehen sind. Im Laufe der Zeit haben sich uns die Spieler der „Willie Knochen-Gruppe“ sowie Musikfreunde von den Naturfreunden, vom AHO und von „Frisch voran“ angeschlossen, und wir passen alle gut zusammen. Wir haben eigentlich immer Wert darauf gelegt, dass unsere Spieler zusammenpassten; die Musikfreunde, die in ihrer Art nicht zu uns passten, haben sich von selbst zurückgezogen.

 

Dann kam 1954 noch ein Höhepunkt: die Freundschaft mit den Dänen Das war eine tolle Sache. Durch Gert Conrad, den Schwager unseres Spielers Hans Schmidt wurde die Verbindung zu „Loco“ in Kopenhagen hergestellt.

 

Der „große Mann“ Richard Irlind - leider inzwischen verstorben – kam nach Hamburg und stellte den Kontakt mit Herbert Balzer her. Wir waren uns gleich sympathisch.

Unsere 1. Reise nach Kopenhagen im März 1954 - zusammen mit den Altonaern ganz große Klasse. Die Dänen sind ein liebes, frohes Völkchen, und sie haben eine eigene, besonders nette Art, ihre Feste zu gestalten und zu feiern. Es wurde dann vereinbart, dass ein Jahr die Dänen nach Hamburg und ein Jahr die Hamburger nach Kopenhagen kommen. Wir haben uns immer sehr viel Mühe gegeben, und es klappte auch immer prima. Es wurden sehr gute Freundschaften geschlossen, die bei einigen noch heute bestehen, aber bei vielen doch nur locker sind oder ganz eingeschlafen. Es ist sehr schade, wir hätten den Kontakt mit „LOCO“ nicht unterbrechen sollen, nachdem wir uns zuletzt 1964 in Kopenhagen zur Feier der 10-jährigen Freundschaft Hamburg–Køpenhagen getroffen hatten.

 

Im Jahre 1965 stellte Richard Zimmermann seinen Posten als Vorsitzender zur Verfügung, da er durch andere Aufgaben stark ausgelastet war. Unser neuer Vorsitzender wurde Erich Ahrend, unterstützt von Robert Seiffert (Kassierer) und Herta Seiffert (Schriftführerin). Alle drei stellten auf der Versammlung 1969 ihre Posten zur Verfügung, um den Jüngeren im Verein Platz zu machen, und so heißt unser jetziger Vorsitzender Hans Georg Bednarski, Kassiererin ist Ingeborg Krause und Schriftführerin Erika Nommensen.

 

Es ist dieses alles nur aus meiner Sicht gesehen und so soll es auch verstanden sein. Wer nach dem 50-jährigen Jubiläum, später einen Überblick geben wird, hat vielleicht bessere Unterlagen, Einsichten etc.

 

GUT KLANG