Das goldene Plektron
Hoch ging es her im Kreis der Götter
(Dichter - Denker - Weise - Spötter).
Hier sind versammelt all´ die vielen,
die mit der Menschen Schicksal spielen,
zu treffen die Jahrhundertwahl.
Hier gilt nicht Adler oder Zahl,
hier wird mit Argument und List,
wie es bei Göttern üblich ist,
gerungen um der Wahrheit Kern.
Sie suchen auf dem "blauen Stern"
ein Menschenkind nach ihrer Wahl,
das auf der Erde Jammertal
Licht in der Menschen Alltag bringt.
Man weiß, dass es nur dem gelingt,
der mit den Musen ist verbunden;
nur schwer ist so ein Mensch gefunden.
Doch endlich ist es dann soweit.
beendet ist der Götter Streit.
Gottvater Zeus blickt in die Runde –
wie er genießt die große Stunde!
Olympisch ruft er: "Silentium!
Ihr lieben Götter, es geht darum
das "goldene Plektron" zu vergeben.
Es soll´n auf Erden Menschen leben,
die ohne Rast und ohne Ruh´
musizieren immerzu,
anderen und sich zur Freud´;
dieses woll´n wir werten heut´.
Orpheus, du mein guter Alter,
soll´n Khitarra, Leier, Psalter
oder ?? – hell wird seine Miene –
gar die Mandoline
kommen in die Gunst der Wahl?"
"Großer Zeus, lass dieses Mal
sich meinen Lieblingswunsch erfüllen."
(Alle fingen an zu brüllen):
"Die Mandoline soll es sein,
sie dringt in alle Herzen ein!"
So wurde sie zum ersten Mal
bestimmt für die Jahrhundertwahl.
"Du, Hermes, unser Götterbote,
geh, beflügle Helm und Pfote,
such auf dem weiten Erdenkreis
wer dort würdig für unseren Preis."
Wie auf einem Laserstrahl
flitzt er ab ins Erdental.
Beinah´ stößt er sich inmitten
Sputniks und Satelliten
an dem Shuttlespace die Näs´.
Ärgerlich denkt er: "Demnächst
woll´n die Menschen hier auf Erden
sein wie wir, woll´n Götter werden."
Aber diesen alten Jogger
reißt rein gar nichts mehr vom Hocker.
Doch am Ziel, was tut er?
Nimmt den himmlischen Computer,
fährt dann aus die Suchantennen,
deutlich sind schon zu erkennen.
Kontinente, Länder, Meere,
und nach einer kleinen Kehre
kommt Europa schon in Sicht.
Und im frühen Morgenlicht
schwebt er über Deutschland ein.
Irgendwo hier muss es sein;
Freund Computer spielt verrückt.
Ha, die Suche ist geglückt!
Auf dem Bildschirm stehen Daten,
die allgemeinen und privaten:
Größe, Kopfform, Brustumfang,
Augen blau, die Nase schlank,
alles stimmt, wie Zeus es wollte,
und der Götterbote trollte
sich zurück auf den Olymp;
alle schrien: "Er kimmt, er kimmt!"
Und er bringt die frohe Kunde,
alle hingen an seinem Munde:
"Sie ist gefunden, unser Kind!"
(Wieso ´ne "Sie", wenn das man stimmt?!)
"Ja, eine Frau ist dieses Mal
die Favoritin unsrer Wahl."
Hera hört´s mit Eifersucht,
wen hat Zeus sich ausgesucht?
Denn die Geschichte mit der Leda
und Europa kennt doch jeder.
"Nein," sprach Zeus, "ich schwöre dir,
niemals Schwan mehr oder Stier!"
(Doch beim besonders süßen Ding,
komm´ ich vielleicht als Schmetterling.
Dieses, denkt der alte Zeus,
wäre einmal ganz was Neu´s.)
"Nun, ihr Herren der Galaxis,
geht es wieder in die Praxis.
Die wir heute auserkoren,
ist im Steinbockkreis geboren
in dem Land der Sachsen,
wo die schönsten Mädchen
auf den Bäumen wachsen.
Hat mit Begabung und viel Fleiß,
Bescheidenheit und viel Geduld, den Preis
der Besten heut´ gewonnen;
sie soll olympisch´ Gold bekommen."
Dies "Gold´ne Plektron" sei der Lohn,
verdient hast Du es lange schon;
es dauert eben seine Zeit.
Nun, Marianne, sei bereit,
nimm hier aus meiner Hand
den Preis; er wurd´ mir zugesandt
aus irgendeinem fremden Land.
Der Bote kam und er verschwand.
Die Spur verlor sich dann im Sand
nach unbekannt, unbekannt, unbekannt . . .
Dieses Gedicht wurde von Herbert Balzer anlässlich
des HMO- Julklapps 1984 geschrieben